W wie Wein IV – Vom Keller in die Kehle

Wenn der Wein im Keller ist, dann ist die Arbeit noch nicht getan. Während der Gärzeit muss man immer wieder den Trester (Beerenschalen, Fruchtfleisch, Kerne) mit dem Traubenmost vermischen, denn er steigt nach oben, wo er den sogenannten Tresterhut bildet. So werden die darin enthaltenen Farbstoffe und Tannine, die für Farbe und Geschmack des Weins verantwortlich sind, an den Most abgegeben. Dieser Prozess kann bis zu drei Wochen dauern. Dann folgt der Abstich, die Trennung von Wein und Schalen. Der Wein wird noch filtriert, mit Gelatine oder Ei, für vegane Weine mit Erbsenproteinen. Dann kommt er in die Tanks, Holzfässer oder Barriques, in denen er reifen darf. Das kann zwischen einem und zwei Jahren dauern.

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Barriques und Stahltank im alten Klosterkeller

Danach beginnt das letzte Kapitel der Weinherstellung: der Verkauf. Auch dafür ist der Winzerverein Reichenau zuständig. Die Weine werden direkt an die Kunden und die Gastronomie abgegeben. Viele Touristen nehmen gern als Andenken einen Karton Inselwein mit. Ursprünglich war der Verkaufsraum ebenfalls im ehemaligen Klosterkeller. Doch das wurde immer schwieriger, denn die Weinanbaufläche war unter Kellermeister Thomas Sättele enorm gestiegen, von 2 ha in den 70er Jahren auf 22 ha heute. 200000 Liter Wein werden inzwischen produziert. Und die müssen verkauft werden!

Hier kommt Manfred Krämer ins Spiel.

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Der Geschäftsführer des Winzervereins Manfred Krämer in der neuen Vinothek

Wein zu machen und zu verkaufen, war ihm nicht in die Wiege gelegt. Der Vater hatte ein Elektrogeschäft auf der Insel, Manfred studierte Mathematik und Physik und wurde Lehrer am Humboldt-Gymnasium in Konstanz. Seine Frau ist eine geborene Spicker und stammt aus einer alteingesessenen Reichenauer Fischer- und Gärtner-Familie. Sie hat eine Praxis für Physiotherapie und Naturheilkunde. Die Familie besaß einen Acker an der Hochwart, und 1982 beschlossen die Krämers, dort Reben anzupflanzen. So kamen sie zum Winzerverein.

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Reben an der Hochwart

Zunächst ließ Manfred Krämer sich in den Aufsichtsrat wählen, dann in den Vorstand. Drum gerissen hat er sich nicht. „Das werden immer die, die in der Mitgliederversammlung nicht schnell genug Nein sagen“, erklärt er schmunzelnd. Vor ihm hat Gerhard Deggelmann 20 Jahre die Geschäftsführung des Winzervereins gemacht. Doch 2015 wurde es ihm altershalber zu viel. Nun suchte man einen Profi, aber nach einem Jahr stellte man fest, dass dieser schlicht zu teuer war. So blieb der Job an Manfred Krämer hängen. „Beim Weinfest 2016 wurden mir die Ordner übergeben“, erzählt er. Zunächst arbeitete er auf 450 Euro-Basis, doch 2017 hängte er mit 60 seinen Lehrerjob an den Nagel, um sich ganz dem Winzerverein zu widmen. Nun hat er zwar keine Vollzeitstelle, aber einen Vollzeitjob. Sein erstes großes Projekt war die neue Vinothek.

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Die neue Vinothek
(Foto Archiv Winzerverein)

„Das ist mein Kind“, sagt er stolz. Am Anfang musste er gegen viele Widerstände ankämpfen, es gab immer wieder Diskussionen wegen des „alten Gemäuers“, sowohl im Gemeinderat als auch im Winzerverein. Viele hätten einen Neubau irgendwo auf der Insel bevorzugt. Manfred musste viel Überzeugungsarbeit leisten, denn in der Tat war der Umbau der alten Klosterräumlichkeiten nicht billig. Doch für ihn war die Lage am Münster und im ehemaligen Klostergebäude wichtig.

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Die Vinothek im ehemaligen Kloster
(Foto Archiv Winzerverein)
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Blick von der Vinothek in den Innenhof des ehemaligen Klosters und auf das Münster

Manfred Krämer hat einen engen Bezug zum Reichenauer Münster: Sein Vater ist hier auf dem Friedhof beerdigt, er hat in dieser Kirche geheiratet, die drei Kinder wurden hier getauft, er spielt Trompete im Münsterorchester. Und von Anfang an hat er die Chancen gesehen, die für eine Vinothek in einem solchen Ambiente bestehen. Er sollte Recht behalten. Im Spannungsdreieck zwischen Denkmalschutz, Gemeinde und Architekten ist nach einigen Jahren Umbau und Renovierung ein Raum entstanden, der sich offen und modern in die historische Architektur des 17. Jahrhunderts einfügt. Im Mai 2019 wurde die neue Vinothek eröffnet.

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(Foto Archiv Krämer)

Die Weine werden im Keller aus den Fässern in Flaschen abgefüllt und in Kartons verpackt. Dann kommen sie in den Verkaufsraum.

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Beim Verpacken im Keller
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Präsentation in der Vinothek

Hier kann man alle Rebsorten, die auf der Reichenau angebaut werden, mit ihren verschiedenen Variationen erwerben. Elf sind es insgesamt. Den größten Anteil hat der Müller-Thurgau, gefolgt vom roten Spätburgunder mit jeweils etwa 30 %. Dann folgen Grauburgunder (ehemals Ruländer) und Gutedel mit circa 11 %. Den Rest teilen sich die alte Sorte Kerner, der sehr beliebte Chardonnay, der Muskateller sowie die Biosorten Souvignier Gris, Muscaris, Cabernet Mitos und Cabernet Cortis.

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Spätburgunder Rosé
(Foto Archiv Winzerverein)
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Insel Secco Rosé
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Spätburgunder Rotwein mit dem schönen Reichenauer Etikett
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Der Müller-Thurgau schimmert hell im Glas.

Aber an dem großen Tisch veranstaltet Manfred Krämer auch regelmäßig Weinproben. Nachdem sie mit dem ersten Schluck ihren Mund „weingrün“ gemacht, ihn also an den anderen PH-Wert gewöhnt haben, können Touristen und Einheimische hier die verschiedenen Variationen der Reichenauer Rebsorten kennenlernen: als Wein oder Sekt, weiß, rot oder rosé, trocken, halbtrocken oder lieblich, sortenrein oder als Cuvée gemischt.

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Besonders stolz sind Manfred Krämer und der Winzerverein auf den dritten Platz ihres Müller-Thurgaus beim Internationalen Müller-Thurgau-Preis 2020.

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Daniela Notaras ist die Verkaufsleiterin der Vinothek. Auch sie erzählt den Kunden begeistert von den Qualitäten des Müller-Thurgaus.

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Die beiden Konstanzerinnen Theresia Menig und Kirstin Meditz hat sie jedenfalls überzeugt!

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Na dann: Prost!