U wie Umgebot

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Das Umgebot ist das amtliche Mitteilungsblatt der Gemeinde Reichenau. Es wird auch Bütezettel genannt, weshalb es eine gleichnamige Musikkneipe gibt, die seit Jahren tapfer um das winterliche Überleben kämpft.

Ich freue mich jede Woche auf Donnerstag, denn Donnerstag ist Umgebot-Tag, und ich erfahre, was auf der Insel so läuft. Vom Basar für Kinderkleidung zum Krav-Maga-Kurs im Gemeindezentrum der Heilig-Geist-Kirche, von der Veranstaltung „Tanze die Kraft des Grün“ im Kloster Hegne bis zur Mitgliederversammlung des Fischereivereins.

Ich kann nachlesen, wann und wo mein Chor probt und wann der Spielenachmittag im Seniorenzentrum Reichenau stattfindet. Im Umgebot stehen die interessantesten Termine der Volkshochschule und die nächsten Gegner der zweiten Fußballmannschaft der Reichenauer Waldsiedlung, wie die FSG Zizenhausen-Hi-Ho und der SV Litzelstetten.

Im Anzeigenteil erfahre ich, wer auf der Insel gestorben ist und welches Hotel noch Personal sucht. Es winken ein Frühbucherrabatt für Markisen und ein Sonderangebot für eine kleine Gesichtsbehandlung im Spa des Mohren.

Aber mein Lieblingsteil ist das Protokoll der Gemeinderatssitzungen! Wahrscheinlich liest es kaum jemand so ausführlich wie ich. Es ist ein Abbild des Lebens auf der Insel. Sämtliche Alltagsfragen werden hier behandelt, von den Schulen über die Ehrengräber bis zu den Bedürfnisanstalten. Ein Hauptthema sind Bauanfragen. Und dabei treten die Zwistigkeiten zwischen den verschiedenen Interessengruppen auf der Insel offen zutage. Bei bestimmten Namen weiß man schon, in welche Richtung die Argumentation gehen wird, bevor man überhaupt den entsprechenden Abschnitt gelesen hat. Ein Satz, der immer wiederkehrt, hat es mir besonders angetan: „Gemeinderat XY rückt wegen Befangenheit vom Ratstisch ab.“ Und wenn das Thema mit einer Beschlussfassung beendet ist, dann steht da: „Gemeinderat XY setzt sich wieder an den Ratstisch.“ Auch wenn ich nicht in der Sitzung war, sehe ich den Gemeinderat XY förmlich vor mir, wie er umständlich seinen Stuhl nach hinten schiebt, sich zu den Zuschauern setzt, aufmerksam der Diskussion um das befangene Thema lauscht, meist eben Bauanfragen, um schließlich mit mehr oder weniger glücklichem Gesicht – je nachdem, ob er sein Dachgeschoss erweitern darf oder nicht – wieder seinen Platz am Ratstisch einzunehmen. Den Protokollanten würde ich gerne mal kennenlernen, um ihm oder ihr zu sagen, wie sehr er oder sie mich jede Woche erfreut!

Und dann ist da noch die Frau, die das Umgebot verteilt. Zumindest bei uns in Niederzell. Sie ist schon recht betagt und immer mit ihrem Rollator unterwegs, bei Wind und Wetter. Ich bewundere sie dafür. Unermüdlich schiebt sie ihr Gefährt vor sich her, den Korb gefüllt mit Umgeboten, die sie in den Briefkästen verteilt. Wenn sie jemanden trifft, gibt es einen kleinen Plausch über Wetter und Weltgeschehen, dann geht es weiter zum nächsten Briefkasten. Ich hoffe, dass sie noch lange unsere Umgebotbotin sein wird!

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