Große Allee, kleine Allee

Große Allee

Wenn man von der Kindlebildkapelle auf die Reichenau fährt, gelangt man zuerst auf den Damm, der die Insel mit dem Festland verbindet. Drei Reihen Pyramidenpappeln säumen Fahrstraße und Radweg – ein grünes Spalier zur Begrüßung der Gäste und Inselbewohner!

Die Pyramiden- oder Säulenpappeln stammen aus Italien und wurden seit dem 19. Jahrhundert häufig für Alleen verwendet. Die Bäume sind ausschließlich männlich, denn nur männliche Exemplare zeigen die typische Säulenform. Angeblich hat Napoleon III. – damals noch Prinz Louis, wohnhaft auf Schloss Arenenberg – die Pappeln als Alleebäume am Bodensee eingeführt, weil sie ihn an die Zypressen in Italien erinnerten. Aber schon sein Onkel Napoleon I. hatte am Niederrhein Pappelalleen als Wegweiser für seine Truppen pflanzen lassen.

Die Allee ist insgesamt 1300 m lang. Ich habe die Bäume gezählt: Wenn man auf die Insel fährt, sind es linker Hand 221, rechts von der Autostraße 211 und rechts vom Radweg am Ufer noch einmal 184. Das ist aber nur der erste Teil, durch das Wollmatinger Ried, dann vorbei an der Ruine Schopflen.

Die Ruine Schopflen inselauswärts gesehen

Beim ersten Wegkreuz macht die Allee eine Pause. Am Parkplatz wird die Baumreihe dann fortgeführt bis zum Ortsschild Reichenau. Hier stehen auf beiden Seiten der Straße noch einmal je 35 Pappeln. Die große Allee besteht also aus 686 Bäumen!

Dabei überquert man auch den Bruckgraben mit der Pirminstatue. Diesen 7 m breiten und 95 m langen Kanal kann man mit dem Boot befahren, sodass die Reichenau sich trotz Festlandverbindung mit Fug und Recht als Insel bezeichnet!

Die Brücke über den Bruckgraben mit der Statue des Klostergründers Pirmin

Von der Insel kommend Richtung Festland steht am Beginn der Allee auf der rechten Seite das Schild, das auf die Deutsche Alleenstraße hinweist. Die Reichenauer Allee bildet einen der Anfangspunkte dieser 2900 km langen Ferienstraße.

Die Bauarbeiten am Damm begannen 1838. Die Reichenauer wurden im Winter – wenn es wenig Arbeit und wenig Wasser gab – zwangsverpflichtet, Stück für Stück die Untiefen aufzuschütten und die natürlichen Inselchen miteinander und mit der großen Insel zu verbinden. Zunächst wurden sogenannte Faschinen verwendet, wie bei den Uferbefestigungen: zwei Reihen Holzpfähle mit Weidengeflecht, dazwischen Kies. Diese Anlagen wurden bei Sturm regelrecht zerrissen. Als in den 1850er Jahren die Eisenbahnlinie nach Konstanz gebaut wurde, kamen Ingenieure an den See, die etwas vom Damm- und Brückenbau verstanden. Auf ihren Rat wurde der Damm zum Wasser hin abgeflacht, sodass es zwar noch zu Überschwemmungen kommen konnte (zuletzt 1999), die Sturmschäden sich aber in Grenzen hielten.

Undatierte Aufnahme des Inseldamms, vermutlich nach dem Zweiten Weltkrieg.
(Archiv Gert Zang)
Vermutlich dieselbe Stelle heute. Rechts ist der Radweg dazugekommen.

Kleine Allee

Neben der großen Allee gibt es aber noch eine zweite, kleinere Pappelallee auf der Reichenau. Sie befindet sich am entgegengesetzten Ende der Insel, in Niederzell.

Früher war Niederzell bei Hochwasser ebenfalls vom Rest der Insel abgeschnitten, selbst bei Niedrigwasser war die Verbindung sumpfig. So musste man für die Straße auch hier einen Damm errichten, der mit Pappeln befestigt wurde. 20 Bäume auf jeder Seite bieten angenehmen Schatten für Autofahrer und Radler.

Mini-Allee

Und zuguterletzt gibt es noch eine „Mini-Allee“, eine Reihe von 15 Säulenpappeln, die den Fußweg vom Inseleingang durch das Schilf nach Oberzell säumen.