Kinderlachen auf dem Waldfriedhof

Waldfriedhöfe sind im Herbst wunderbar. Ganz besonders eindrücklich ist für mich der Waldfriedhof in Markelfingen. Etwas versteckt liegt hinter der Autobahnbrücke der Eingang.

Bäume und Sträucher sind herbstlich verfärbt. Die Gräber im Wald zu finden, gleicht manchmal einem Rätselspiel.

Auf verschiedenen Stufen sind die Grabfelder in den Wald eingebettet. Die Gräber liegen locker verstreut am Rand der kleinen Wiesenstücke.

Büsche und Bäume bilden einen wunderbar natürlichen Rahmen für die letzten Ruhestätten.

Manche Grabsteine sind künstlerisch besonders interessant gestaltet.

Einige davon sind nicht aufgerichtet, sondern auf den Boden gelegt.

Am eindrücklichsten ist für mich das Grab mit dieser Sitzfigur. Ob sie den Verstorbenen darstellen soll?

An manchen Stellen holt sich die Natur die Grabfelder bereits wieder zurück.

Um das zu verhindern, sind die Friedhofsgärtner mit ihrer Ape unterwegs und richten die Gräber wieder her. Doch man beachte die beiden Fahrräder links!

Ich genieße meinen Herbstspaziergang durch den waldigen Friedhof. Außer mir sind nur wenige Menschen unterwegs, Angehörige, die jetzt vor Allerheiligen die Gräber ihrer Verstorbenen schön gestalten. Schließlich gelange ich in den hinteren Teil des Friedhofs, wo sich die Aussegnungshalle befindet. Mit seiner typischen Siebziger-Jahre-Ästhetik fügt sich das Zeltdach schön in den Waldhang ein.

Im Inneren leuchtet die Nachmittagssonne durch das Fenster und bringt die gläserne Sonne zum Leuchten, Symbol für Christus, für die Auferstehung. Die Stimmung ist ehrfürchtig.

Doch dann ertönt über den stillen Friedhof plötzlich Kinderlachen! Die Toten wird’s freuen, denke ich mir, aber dann übermannt mich die Neugier, und ich mache mich auf die Suche nach Ursache des fröhlichen Lärms.

Hinter der Kapelle entdecke ich die lachenden Kinder. Es sind zwei Jungs, vielleicht 8 Jahre alt, die das Wasserbecken und die Gießkannen entdeckt haben. Jungs und Wasser – das ist einfach eine unwiderstehliche Kombination!

Ich schaue ihnen eine Weile schmunzelnd zu, wie sie die Kannen wieder und wieder füllen und das Wasser dann über die Treppe hinabgießen. Ein Wasserfall entsteht und dann ein Fluss, wo das Wasser über den Weg weiterläuft. Fast ist man an den Zauberlehrling von Goethe erinnert. „Walle, walle, manche Strecke, dass zum Zwecke Wasser fließe…“

Als ich sie nach dem Zweck ihrer Aktion frage, verraten sie mir, dass sie eigentlich das Grab der Tante gießen wollten, aber der Friedhofsgärtner habe es ihnen verweigert, weil er es gerade frisch gerichtet habe. Also haben sie das Wasser eben zweckentfremdet.

„Die Treppe war noch nie so sauber!“ versichern sie mir.

Ich gehe weiter zur Kapelle, behalte die beiden Wasserwerker aber von oben im Auge. Da kommt plötzlich ein älterer Mann, der ein Grab in der Nähe gerichtet hat, wohl auch vom Lachen der beiden angelockt. Aber er ist nicht „amused“.

„Was machet ihr do, ihr Saubuaba?“ schreit er sie an. „Ihr höret sofort auf damit!“ Etwas bedröppelt stellen die beiden Jungs die Gießkannen an ihren Platz zurück.

Als ich zum Ausgang zurückgehe, sausen sie mit ihren Fahrrädern an mir vorbei. „Jetzt hat’s doch noch Ärger gegeben!“ ruft mir der eine zu. Lachend antwortet ich: „Macht euch nichts draus, das gehört dazu. Sonst würde so ein Streich ja gar keinen Spaß machen, oder?“